Ortsgeschichte Legau


Die fruchtbare weite Ebene von Kimratshofen bis Lautrach war bereits zur Zeit der Kelten bewohnt. Die Kelten, die schon vor dem 6. Jh. vor Christus in Süddeutschland lebten, bevorzugten als Siedlungsform das Einzelgehöft, am Abhang eines Höhenzuges gelegen, an dem eine Quelle entspringt. Diese geografischen Gegebenheiten treffen bei uns auf die Siedlungen Witzenberg, Hofstatt, Strimo und Voglers zu.

Ein weiterer Hinweis auf eine keltische Besiedlung sind die Grabhügel im Buchenwald westlich von Oberlandholz, aus der Zeit um 800-400 v. Chr.

Aus der Zeit, als die Römer unsere Gegend beherrschten, stammen zwei, in Witzenberg gefundene, römische Münzen. Sie wurden 157/158 und zwischen 318-328 geprägt. Nach dem Abzug der Römer aus dem Gebiet zwischen Rhein und Iller wurde diese Region ab dem späten 3. Jh. von mehreren elbgermanischen Stämmen besiedelt. Diese Stämme wurden später als Alamannen bezeichnet. Aus dem 5. Jh. stammt das Grab eines alamannischen Kriegers, welches in Leutkirch gefunden wurde. Die alamannischen Neusiedler verdrängten teilweise die keltische Urbevölkerung, zum Teil vermischten sie sich auch mit ihnen.

Mit den Alamannen kam auch das Christentum in unsere Gegend. Als erste Pfarrei in unserem Raum entstand in Leutkirch die Reichs-, bzw. die Leutepfarrei des Niebelgaus. Zu ihr gehörte in der Mitte des 8. Jh. das ganze Gebiet um Leutkirch, Urlau und Legau.

Nach der Beseitigung des alamannischen Herzogtums im Jahre 746, brachten fränkische Herrscher das alamannische Gebiet unter ihre Verwaltung. Dazu wurde das Land in Verwaltungsbezirke eingeteilt, in deren Mitte ein fränkischer Königshof und eine fränkische Reichskirche errichtet wurde.

Nach einem Bericht in der Zeitschrift »Deutsche Gaue«, 1936, Band 37, wurde im 8. Jh. auch in Legau ein fränkischer Reichshof mit einer Kirche errichtet. Mit dem Bau der Kirche wurde sicherlich auch die Pfarrei Legau gegründet, da in dieser Zeit mit der weiteren Ausbreitung des Christentums, neben der Urpfarrei Leutkirch, neue, eigenständige Pfarreien entstanden. Man kann also davon ausgehen, dass der Ort Legau im 8. Jh. gegründet wurde.

Zur Urpfarrei Legau gehörten damals die heute selbständigen Pfarreien Muthmannshofen und Kimratshofen sowie der nördliche Teil von Altusried, mit Diesenbach, Winneberg und Brittlings. Diese Angaben ergeben sich aus einem Grundzinsregister der Pfarrei Legau um 1800.

In einer Urkunde aus dem Jahre 919 soll der Name Legau erstmals genannt sein. In ihr wird ein Heinrich von Legoi als Zeuge genannt. Allerdings gibt es von dieser Urkunde nur eine Abschrift aus dem Anfang des 12. Jh., die jedoch gefälscht worden sein soll.

Die erste nachweisbar urkundliche Erwähnung der Pfarrei und des Ortes Legau stammt aus dem Jahre 1275. In diesem Jahr erfasste der Bischof von Konstanz, für einen geplanten Kreuzzug, in einem Steuerverzeichnis alle Pfarreien seines Bistums. In dieser Urkunde wird Legau als Legowe bezeichnet.

Die zweite urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1335, wiederum in einer amtlichen Statistik des Bistums Konstanz. Der Ort Legau, dieses mal Legoe genannt, umfasste damals bereits 150 Höfe und zählte somit in dieser Zeit bereits zu den größeren Orten in der Region. Der Ort besaß in dieser Zeit eine aus Tuffsteinen gemauerte romanische Kirche. Der Turm der heutigen Pfarrkirche stammt bis in 25 Meter Höhe noch aus dieser Zeit.

Im 11. Jh. begannen die Grundherren bei uns befestigte Einzelwohnsitze zu errichten. Anfang des 12. Jh. bauten die Herren von Muthmannshofen die Burg Hohentann und die Herren von Legau bauten ihre Burg in das steile Gelände von Ehrensberg hinaus.

1290 waren die Herrschaften Ehrensberg und Hohentann in einer Hand vereint. 1399 verkauften Elisabeth von Hohentann und ihre Söhne die Herrschaft Ehrensberg, die etwa 2/5 der Pfarrei Legau umfasste, an Hans Opfenbach in Isny. Im Jahre 1448 erwarb das Fürststift Kempten von Hans Opfenbach für 3.000 Gulden die ehemalige Herrschaft Ehrensberg. Drei Jahre später konnte das Fürststift Kempten mit Erwerb der Herrschaft Hohentann nahezu den ganzen Ort zu seinem Territorium zählen. Die Fürstäbte von Kempten blieben dann bis zum Jahre 1803 die Herren von Legau.

Im Jahre 1455 erhielt Legau, dieses mal Lego genannt, von Kaiser Friedrich III. das Marktrecht verliehen und gleichzeitig die Erlaubnis, in Legau ein Kornhaus zu bauen. 1485 erhielt das Legauer Dorfgericht, zur Sicherung des Marktfriedens, das Recht für ein Hochgericht mit Stock, Galgen und Pranger. Die Richtstätte wurde westlich von Legau auf dem sogenannten Galgenberg errichtet. Das Legauer Gericht hatte nunmehr das Recht, Todesurteile zu fällen und diese auf dem Galgenberg zu vollstrecken.

In der Zeit um 1490 wurde die Legauer Pfarrkirche im spätgotischen Stil neu gebaut. Der heutige Chor und das Kirchenschiff bis zu den Emporen stammt noch aus dieser Zeit.

Im Februar 1525 schlossen sich die Bauern des Stiftes Kempten mit Bauern aus anderen Herrschaftsgebieten zu einem Bund zusammen. Die Bauern sahen sich von ihren Herrschaften um ihre alten Rechte betrogen. Sie forderten eine Änderung der herrschaftlichen Verhältnisse und trieben eine unmittelbare Unterstellung an den Kaiser voran. Unterstützung erhielten die Bauern durch die neue Lehre der Reformation. Nach ergebnislosen Verhandlungen beschritten die Bauern den Weg der Gewalt, der Bauernkrieg begann. Das Kloster Kempten wurde geplündert. In Legau verwüsteten die Bauern die Burg Waldegg, in Kimratshofen wurde das Schloss Hohentann geplündert. Schließlich wurde der Bauernaufstand durch die Söldnerheere des schwäbischen Bundes blutig niedergeschlagen. Etwa 60 Bauern aus Legau kamen dabei ums Leben. Die Führer des Aufstandes, zehn von ihnen waren Legauer, wurden hart bestraft und ihre Häuser niedergebrannt. Zwei Bauernführer aus Landholz wurden hingerichtet.

Der 30-jährige Krieg brachte große Not und schreckliches Leid über die Gemeinde und die Pfarrei Legau. Nachdem in den Jahren 1628-1630 212 Legauer an der Pest starben, kamen im Jahre 1632 die Schweden in unsere Gegend und wüteten mit unvorstellbarer Grausamkeit. Aus Angst vor Plünderungen vergruben die Legauer den Kirchenschatz unter dem Hochaltar.

Im Juli 1635 verließen die Schweden das Allgäu, dennoch bedeutete der Abzug keine Atempause in Schicksalsschlägen für die Bevölkerung. Nach einer Hungersnot im Jahre 1634 schleppten kaiserliche Soldaten erneut die Pest ein und es folgte die schlimmste Pestepidemie, die unsere Gegend je heimgesucht hatte. Kimratshofen starb fast ganz aus – in Muthmannshofen überlebten acht Personen. In Legau starben über 600 Bewohner an der Seuche. Die Hälfte der Häuser stand nach der Pest leer und verfiel. Eine Reihe von Weilern starb gänzlich aus, wodurch viele Felder nicht mehr bebaut werden konnten.

Um so erstaunlicher ist es, dass sich Legau von diesen Schicksalsschlägen in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder erholte. Neue Siedler kamen in den Ort und bauten mit den Überlebenden die Häuser und Gehöfte wieder auf.

Die beiden Kirchen, die unter den Kriegswirren stark gelitten hatten, wurden wieder instand gesetzt. Ende des 17. Jh. erhielt die Pfarrkirche eine Barockausstattung. 1715 wurde mit dem Bau der heutigen Lehenbühlkirche begonnen.

Als 1803 das Fürststift Kempten aufgelöst wurde, kam Legau zum Königreich Bayern. Die neue bayerische Regierung ordnete die Verwaltung neu. Es entstanden die Landgerichte, die zugleich Verwaltungs- und Justizbehörde waren. An ihrer Spitze stand ein Landrichter, der nach heutigen Verhältnissen Landrat und Richter in Personalunion war. Legau wurde dem Landgericht Grönenbach zugeschlagen. 1862 wurde das Landgericht Grönenbach aufgelöst und Legau dem Bezirksamt Memmingen zugeteilt.

Von 1797 bis hin zum Winterfeldzug Napoleons, 1814/15, hatte der Markt Legau immer wieder an Einquartierungen und dem Durchzug französischer und österreichischer Truppen zu leiden.

Von 1806-1815 hatte Legau das Opfer von 46 Männern zu beklagen, die unter der Fahne von Napoleon den Tod auf fremder Erde gefunden hatten.

Die wiederholten Kriegszüge gegen Russland forderten von der Pfarrei Legau insgesamt 86 Gefallene und Vermisste, die Völkerschlacht zu Leipzig vier Gefallene und zwei vermisste Soldaten.

Kaum waren die Kriege beendet, erlebte Legau erneut schwere Zeiten. In den Jahren 1815 und 1816 kam es durch schwere Hagelschläge und ungünstige Witterung allerorts zu Missernten. Als deren Folge geriet besonders der ärmere Teil der Bevölkerung in große Not, da die Nahrungsmittelpreise enorm angestiegen waren. Zur Linderung der größten Not wurde in Legau eine Armenpflege eingerichtet.

In der ersten Hälfte des 18. Jh. gab es im Legauer Schulwesen Veränderungen. In Bettrichs und Landholz wurden eigene Schulen errichtet. In Legau wurde 1826 eine neue Schule, die heutige Grundschule, gebaut.

1830 erhielt Legau eine Gendarmeriestation, die bis in die Zeit um 1960 bestehen blieb.

1848 kam es in ganz Deutschland zu Aufständen und Revolutionen gegen die Herrschenden, bei denen mehr Grundrechte für das Volk und Gleichheit vor dem Gesetz eingefordert wurden. Die Bauern forderten die Ablösung der alten Grundherrschaft und des Zehnten. Überall im Land, so auch in Legau, wurden revolutionäre Märzvereine gegründet.

Einer der treibenden Kräfte in Legau war der Landtagsabgeordnete und Rösslewirt, Johann Hummel. Er organisierte auf dem Legauer Marktplatz eine große Versammlung mit dem Kemptener Rechtsrat Balthasar Waibel, zu der etwa 1.000 Zuhörer aus der näheren und weiteren Umgebung kamen. Der Steinbacher Kaplan Schmölzer schilderte dieses Ereignis in einem komisch-satirischen Mundartgedicht. Das Gedicht, welches in der Legauer Chronik von Wilhelm Eberle nachzulesen ist, ist ein einzigartiges Dokument aus dieser Zeit.

Im Bruderkrieg im Jahre 1866 und im Deutsch-Französischen Krieg, 1870/71, mussten acht Legauer ihr Leben lassen.

Mit der Eröffnung der Eisenbahnstrecke Memmingen – Legau am 23. Juni 1904 verbesserte sich die Verkehrsanbindung erheblich. Im Jahre 1972 wurde die Strecke stillgelegt; damit wurde das Kapitel Eisenbahn für Legau wieder geschlossen.

Wiederum schwere Zeiten brachen für den Markt mit dem 1. August 1914 an, dem Mobilmachungstag zum Ersten Weltkrieg. 453 Legauer Männer wurden zu den Waffen gerufen, 72 Soldaten sind gefallen, vier blieben vermisst.

Bei den Reichstagswahlen am 21. März 1933 erhielt die NSDAP in Deutschland 43,9 % der abgegebenen Stimmen. In Legau wurde wie folgt gewählt: NSDAP 511 Stimmen (40,9 %), Sozialdemokraten 13 Stimmen, Kommunisten 2 Stimmen, Kampffront 27 Stimmen, Bayer. Volkspartei 488 Stimmen (38,9 %), Deutsche Volkspartei 7 Stimmen, Christlich Soziale 1 Stimme, Bauernbund 203 Stimmen (16,2 %).

Nur drei Tage nach der Reichtagswahl stimmte der Reichstag dem Ermächtigungsgesetz zu. Adolf Hitler übernahm die Führung, Parlamente und die föderale Struktur wurden abgeschafft. Auch in Legau änderten sich die politischen Verhältnisse. In der Gemeinde wurden die wichtigen Entscheidungen nunmehr von Parteileuten getroffen und der Bürgermeister 1942 durch einen Ortsgruppenleiter ersetzt.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939, stürzte das ganze Land in Not und Verderben. 479 Männer aus Legau wurden zum Kriegsdienst einberufen. 160 Soldaten sahen ihre Heimat nicht mehr wieder, 119 sind gefallen und 41 wurden als vermisst gemeldet. Gegen Ende des Krieges wurden durch die zunehmende Bombardierung deutscher Städte immer mehr Menschen wohnungslos. Viele dieser »Ausgebombten« wurden »auf das Land« evakuiert. In Legau fanden 134 Evakuierte aus den Regierungsbezirken Düsseldorf, Köln und Aachen so lange eine Bleibe, bis sie wieder in ihre Heimat zurückkehren konnten.

Ende April 1945 wurde die Lage für unseren Ort immer bedrohlicher. Die in Richtung Gebirge zurückflutenden Einheiten waren in Auflösung begriffen. Besonders gefährlich waren Einzelgänger und versprengte SS-Einheiten, die immer noch an den Endsieg glaubten.

Am Sonntag, den 29. April 1945, rückten amerikanische Militärfahrzeuge von Grönenbach her in Legau ein und übernahmen den Ort. Pfarrer Lang, Kaufmann Woesle und Ortsgruppenleiter Graf meisterten die Situation besonnen und somit ohne Blutvergießen. Den Amerikanern folgten die Franzosen, bei denen besonders die Marokkaner gefürchtet waren. Sie plünderten und vergewaltigten Frauen und Mädchen solange, bis ihr Kommandeur einen Hauptübeltäter durch ein Erschießungskommando hinrichten ließ. Als die Amerikaner wieder zurückkamen beruhigte sich die Lage allmählich wieder.

Eine Kriegsfolge war die völkerrechtswidrige Vertreibung von über 6 Millionen Deutschen aus den osteuropäischen Ländern. Der Altlandkreis Memmingen musste 20.489 Vertriebene und Flüchtlinge aufnehmen, Legau wurden 841 zugeteilt. Für ihre Unterbringung wurde in den Häusern Wohnraum, der für den Eigenbedarf nicht unbedingt benötigt war, beschlagnahmt. Die Einwohnerzahl stieg von 2.195 im Jahre 1939, auf 3.073 im Jahre 1950. Zur Linderung der größten Wohnungsnot errichtete die Gemeinde Legau, mit Hilfe der Pfarrpfründestiftung, fast 40 neue Wohnungen. Da viele der Neubürger in Legau keine Arbeit finden konnten, wanderte in den folgenden Jahren ein großer Teil von ihnen in die großen Industriegebiete ab. Im Jahre 1961 hatte Legau noch 2.496 Einwohner.

In der folgenden Zeit nahm die Bautätigkeit in Legau sehr stark zu. Seit 1960 wurden neue Baugebiete erschlossen und bebaut. Im Jahre 1973 konnte die neu errichtete Verbandsschule eingeweiht werden, 1982 wurde mit dem Neubau der Ortskanalisation begonnen.

Am 1. Juli 1972 trat in Bayern eine Gebietsreform der Landkreise und der kreisfreien Städte in Kraft. Legau wurde dem neu errichteten Landkreis Unterallgäu, mit Sitz in Mindelheim, zugeordnet. Am 1. Januar 1978 wurde die, bis dahin selbständige, Gemeinde Maria Steinbach nach Legau eingemeindet. Die Gemeinden Legau, Lautrach und Kronburg schlossen sich am 1. Mai 1978 zu der Verwaltungsgemeinschaft Illerwinkel zusammen. Seit 1979 ist der Sitz der Verwaltungsgemeinschaft in Legau.

Die neuere Zeit ist geprägt von einem starken Strukturwandel. So sind im Ort, neben allen landwirtschaftlichen Betrieben, auch der größte Teil der Geschäfte und Handwerksbetriebe verschwunden. Im Außenbereich gaben nach dem letzten Krieg über 40 landwirtschaftliche Betriebe die Bewirtschaftung ihrer Höfe auf.

Am 31. Dezember 2004 zählte die Gemeinde Legau mit dem Ortsteil Maria Steinbach und den 50 Weilern und Einöden 3.120 Einwohner. Die Gemarkungsfläche beträgt 36 km2.

Seit 60 Jahren blieb der Ort von Krieg und größeren Katastrophen verschont. Gebe Gott, dass auch die kommenden Generationen im Markt Legau in einer friedlichen Zeit leben können. (MH)



Quellen:

Dorn Ludwig: Legau im Morgenrot der Frühgeschichte

Haug Eduard: Das 19. und 20. Jahrhundert,

beides im Marktarchiv Legau.

Die Alamannen: Ausstellungskatalog, Verlag Konrad Theiss, Stuttgart, 1997.

Weitnauer Alfred: Die Bauern des Stiftes Kempten 1525/26, Schwabenverlag Kempten, 1949.

Eberle Ludwig: Aus Legaus Vergangenheit, Verlag Carl Mayr Legau, 1906.

Brutscher Peter: Dokumentation über die Heimatvertriebenen im Landkreis Unterallgäu, 1987, Landkreis Memmingen.

Urkunden: Liber decimationis, 1275, Liber taxationis, 1335